Torres del Paine

08.11.2019 El Calafate – Torres del Paine

Die nächsten 300 Pampakilometer. Ja, wieder mit Wind. Wir kommen in eine Gegend, in der zwischen zwei Tankstellen 400 Kilometer liegen können. Hier sind wir auf illegale Zapfsäulen mitten im Nichts angewiesen. Die Betreiber verkaufen den Sprit weiter, den sie zuvor an einer offiziellen Tankstelle bezogen haben. Ob man was bekommt, ist Glückssache und das Glück ist heute auf unserer Seite. Wir tanken voll und können damit von der Ruta 40 in Richtung chilenischer Grenze und Torres del Paine Nationalpark abbiegen.

Mit dem argentinischen Zöllner fachsimpeln wir über den Paso Roballos. Er will demnächst mit seinem Motorrad auch da rüber fahren. Die Chilenen sind etwas kleinlich und beanstanden Andres Fuchsschwanz. Den will er nicht hergeben und deswegen muss erst mit der Zentrale telefoniert werden. Die Grenzübergänge hatten bis jetzt immer einen hohen Unterhaltungswert. Der Ecuadorianer, der unsere kompletten Unterlagen per WhatsApp verschickt hat oder die Salvadorianer, die kurz davor waren Andre einzubuchten. Auch dieses Telefonat entbehrt nicht einer gewissen Komik in unserer Vorstellung. “Hallo Zentrale, ich habe hier ein Fuchsschwanz. Darf der rein?” Wie auch immer es weiterging, der Zöllner gibt grünes Licht und der Weg ist frei für uns zum größten Naturwunder von Patagonien, dem Torres del Paine.

Torres del Paine heißt übersetzt Türme des blauen Himmels und stammt aus der Sprache der indigenen Ureinwohner. Die drei nadelartigen Granitfelsen sind damit treffend beschrieben. Sie ragen majestätisch in den Himmel. Und so spektakulär der Anblick ist, so spektakulär sind auch die Massen an Besuchern, die hier den sogenannten W- oder O-Track wandern wollen. Die Parkverwaltung begegnet dem Übertourismus mit strengen Regeln. Die Wanderung darf nur beginnen, wer sämtliche Übernachtungen auf dem Weg reserviert hat. Wildcampen ist verboten. Hotels gibt es nur zwei im Park. Wir bekommen noch ein Zimmer und wundern uns. In der Saison ist normalerweise alles Monate vorher ausgebucht. Der Grund sind die Proteste in Santiago, 40% Stornierungen gibt es hier deswegen.

09./10.11.2019 Torres del Paine

Den Unruhen im Land verdanken wir das Hotelzimmer mit der besten Aussicht auf der ganzen Reise. Das ist ebenso zynisch wie wahr. Ein riesiges Fenster, dahinter See mit Torres del Paine und Gletscher. Keine Wolke am Himmel. Verrückt. Wir genießen Abendessen und Aussicht und freuen uns auf die kommenden Tage.

Zumindest bis zum Morgen. Da wird klar, dass Andre den heutigen Tag zwischen Bett und Klo verbringen wird. Was für ein Timing. Den ganzen Tag die Aussicht vom Bett genießen, besser hätte es nicht laufen können. Im wahrsten Sinne des Wortes. Anstatt der Kajaktour gibt es einen kleinen Abendspaziergang.

Etwas schwach auf den Beinen wandern wir am nächsten Tag auf die Halbinsel im Lago Grey mit Aussicht auf den Gletscher, den Cerro Grande und die Torres. Die Natur ist atemberaubend schön. Wir sind seit über drei Wochen in Patagonien unterwegs und überrascht, dass es immer noch Steigerungen gibt. Der Nationalpark erstreckt sich über mehrere Seen, Gletscher und Steppenlandschaft. Egal wohin wir blicken, wir sehen eine unberührte Weite mit bizarren Felsformationen am Horizont. Dazwischen Guanacos, Kondore und Nandus. Ein besseres Finale unserer Patagonien Reise hätten wir uns nicht wünschen können.

11.11.2019 Torres del Paine – Puerto Natales

Puerto Natales wird unser südlichster Punkt sein. Von dort werden wir die viertägige Navimag Fähre zurück nach Puerto Montt nehmen, dem Ausgangspunkt der Carretera Austral und Patagoniens.

Die letzten Kilometer südwärts fühlen sich an wie Abschied. Abschied von Patagonien, von der Reise, von unserem Leben auf der Straße. Wir sind in der festen Überzeugung gestartet, dass wir nach sechs Monaten wieder heim wollen. Tatsächlich aber haben wir sechs Monate gebraucht, um frei zu sein. Während wir unseren Gedanken nachhängen, taucht vor uns der Truck von den Nordfriesen auf. Schmunzelnd überholen wir sie und grüßen freundlich. Die Armen. Schon wieder eine Schotterpiste.

In Puerto Natales finden wir problemlos ein Hostel mit freiem Zimmer. Auch hier geht es wegen der Proteste im Land deutlich ruhiger zu als üblich. Allerdings schwer vorstellbar, dass es hier je anders ist. Es herrscht eine entspannte Stimmung im Ort. Das Leben mit der Natur lehrt die Natalinos, die Dinge zu nehmen wie sie kommen. Nur die Ungerechtigkeit im Land macht auch vor Puerto Natales nicht Halt und dagegen gehen die Bewohner auf die Straße. Ruhig aber bestimmt.

Wir kaufen unser Fährticket für morgen und erfahren, dass die Abfahrt aufgrund des guten Wetters pünktlich sein wird. Den Rest des Tages spazieren wir durch Puerto Natales und genießen die Frühlingsluft. Karin entdeckt aufgehende Pfingstrosen, Andre ein gutes Café.