Auf Abwegen nach Peru

15.08.2019 Cuenca – Loja

Oft werden wir gefragt, ob wir nicht lieber mit einem Auto reisen würden. Großzügig wischen wir alle Bedenken beiseite und erzählen davon, wie viel näher man an Mensch und Natur ist auf dem Motorrad. Wie man das Klima und die Gerüche wahrnimmt, wie das fehlende Blech um uns herum viel intensiveres Reisen ermöglicht.
Heute haben wir für intensives Reisen ausgiebig Gelegenheit. Bei 5 Grad, Nebel und Dauerregen fahren wir in Richtung Loja. Wir sehen kaum die Hand vor Augen. Schweigen auf unseren Bluetooth Headsets. Durchhalten und Ankommen lautet die Devise. In Loja an der Ampel sitzt Karin auf dem Motorrad und zittert am ganzen Körper. Es ist eisig kalt.

Die schönste Überraschung ist, dass es in unserem Hotel in Loja eine heiße Dusche gibt. Danach sieht die Welt wieder besser aus, wir spazieren ein wenig durch das nette Städtchen mit einer abgefahrenen Markthalle, genehmigen uns einen Burger und gehen schnell ins Bett.

16.08.2019 Loja – Zumba

Wie nah die Hochs und Tiefs beieinander liegen, erleben wir am nächsten Tag. Bei strahlendem Sonnenschein fahren wir los und selbst Karin macht die Fahrt auf der Dirtroad in Richtung Zumba, kurz vor der peruanischen Grenze, Spaß. Verständlich, denn wie so oft sind es die kleinen abgelegenen Straßen, die uns Mensch und Natur so Nahe bringen. Gell.

Zumba, ein kleines Kaff, hat nicht viel zu bieten, es ist eher ein Militärstützpunkt. Irgendwann gab es wohl Stress zwischen Ecuador und Peru wegen der Grenze und die Ecuadorianer haben sich gedacht, besser wir platzieren hier ein Bataillon und zeigen Flagge.

17.08.2019 Zumba – Jaén

Wir frühstücken und fahren schnell weiter, die letzten 30 Kilometer Gravel bis zur Grenze. Nach 30 Kilometer erreichen wir auch alles was für eine Grenze notwendig ist: einen Fluß und eine Brücke. Nur keine Grenze in Sicht, kein Kabuff, niemand will unsere Ausweise sehen. Menschenleer ist es hier. Wir haben uns verfahren. Genauer gesagt, Andre hat sich verfahren. Und Karin darf 20 Kilometer mehr Dirtroad genießen. Spontaner Kommentar: “da fahr ich nicht mehr hoch”.

Die Grenze ist allerdings unkompliziert, nachdem der Ecuadorianer alle Papiere und die Motorräder mit seinem Handy fotografiert und per WhatsApp nach Quito geschickt hat, gibt er grünes Licht für die Ausreise. Der Peruaner freut sich über Unterstützung bei der Computerarbeit und weiter gehts. Wir sind in Peru. Die Landschaft ändert sich sofort, es ist heiß und wir fahren bei 35 Grad durch weite Canyons und entlang fruchtbarer Täler, in denen Kaffee und Kakao angebaut und auf der Straße getrocknet wird.

In Jaén angekommen, muss Andre wiedermal an Indien denken. Ist genauso. Heiß, laut und voller Tucktucks. Die Stadt hat nichts Schönes zu bieten und ist ein menschenfeindlicher Ort. Warum es die Menschen dennoch dorthin zieht, wissen wir nicht. Vermutlich weil es auf dem Land noch schlimmer ist. Wie sehr wir im Hinterland unterwegs sind, merken wir an der Reaktion der Menschen. Wie Außerirdische kommen wir uns vor. Während Andre einen Geldautomat sucht, wird Karin umringt von Peruanern, die gleichwohl ihre Hautfarbe und ihre Größe bestaunen. Ganz zu schweigen von dem Motorrad. So krass haben wir das noch nicht erlebt. Dennoch fühlen wir uns nie unwohl, unsere Neugier trifft auf die der Einheimischen. Hinterland eben.