Finca Steel Horse

16.07.2019 Jardín – Filandia

Seit wir die Franzosen Antoine und Alex auf der Fähre von der Baja getroffen haben, folgen wir ihnen auf Instagram. Im Gegensatz zu uns haben die beiden ihre Panamericana Reise minutiös geplant und fantastische Tipps. Einer davon ist die Steel Horse Finca in Filandia. Auf dem Hof beherbergen die beiden Engländer Yvette und Paul vier Pferde, drei Hunde, ein Dutzend Hühner und Traveller. Vor vier Jahren haben sie ihre gut bezahlten Jobs in London an den Nagel gehängt und sich mit ihren Motorrädern auf die Reise gemacht, um ihr Leben zu verändern. Nach 18 Monaten durch Südamerika fanden die beiden ihr neues Zuhause in der Kaffeeregion Kolumbiens und haben sich mit der Finca ihren Traum erfüllt. Wie gut wir die beiden verstehen können. Allein die Aussicht ist unbezahlbar, aber das konstant warme Klima von 24 Grad und die ansteckende Entspanntheit und Freundlichkeit der Kolumbianer ist unschlagbar.

Hierher zu kommen muss allerdings verdient werden. Kurz nach dem wir Jardín am Morgen verlassen, geht es stramm in die Berge und zwar 40 km lang auf einer Schotterstraße, mit nichts als Geröll, Matsch und Schlaglöchern. Hier gibt es einen öffentlichen Busverkehr? Wir können es nicht glauben, bis uns eines dieser stinkenden Ungetümer entgegenkommt. Auch Autos und Tuk-Tuks lassen sich nicht abschrecken und quälen sich stundenlang im Schritttempo über den Berg. Da fährt sogar Karin lieber mit dem Motorrad, auch wenn sie sich mit der off-road Fahrerei noch anfreunden muss. Aber die Aussicht auf die Täler mit den umliegenden Kaffeefeldern entschädigt. Bei einer Stärkung mit Kaffee und köstlichen Empanadas, werden unsere Motorräder von einem selbstzertifizierten Messias gesegnet, zum Dank für eine Einladung zum Essen. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen und die letzten 90 km Landstraße laufen wie geschmiert. Das Meisterstück des Tages sind allerdings die letzten zwei Kurven. Zur Finca geht es steil bergab und es gibt nur zwei schmale Betonstreifen. Die Spur zu verfehlen wäre ganz schlecht, denn rechts und links davon ist der Schotter ausgewaschen. Aber es geht gut und wir entspannen für den Rest des Tages in der Hängematte und genießen die Aussicht.

17.07.2019 Filandia

Heute lassen wir unsere Motorräder Motorräder sein und fahren mit einem Willys Jeep ins 3 km entfernte Dorf Filandia. Diese Jeeps stammen teilweise noch alten US Army Beständen zu Zeiten des Vietnam Krieges und fungieren hier als maschinelle Transportesel. Sie befördern auf ihrer Ladefläche sitzend und stehend gut ein Dutzend Frauen mit Kleinkindern und Wocheneinkauf, Arbeiter, Bauern, Schüler, Touristen, Bananenstauden, Kaffeesäcke…..einfach alles. Und sie sind echt Kult.

Dass der katholische Glauben in Kolumbien ein wichtige Rolle spielt, ist bei den vielen Kirchen und Madonnen am Straßenrand nicht zu übersehen. Aber eine Christusfigur im Paillettenröckchen können wir wirklich nicht ernst nehmen. Sie steht in der wunderschönen, schlichten Kirche in Filandia und bildet mit dem begrünten Dorfplatz davor das Zentrum des Ortes. Unzählige kleine Cafés und Geschäfte haben sich ringsum angesiedelt. Wir lassen uns von der Gemütlichkeit der Kolumbianer anstecken, schlendern durch die Gassen und schauen bei einer Tasse Kaffee dem Treiben zu. Zurück zur Finca spazieren wir die Straße hinab und überlegen uns die perfekte Fahrspur in Karins Curva de la Muerta.

18.07.2019 Filandia

Die Kolumbianer sind verrückt nach Pferden. Es ist kein seltener Anblick einen stolzen Ranchero mit Hut auf dem Kopf und Machete am Gürtel auf einem Pferd die Straße entlang reiten zu sehen. Wobei man das nicht einfach reiten nennen kann. Hier wird der Paso Fino gepflegt, eine spezielle Gangart, die das Pferd tänzeln lässt. Am besten zur nächsten Bar, wo sich die Muchachos hoch zu Ross einen Aguardiente oder eine Cerveza gönnen.

Und da wir nun schon auf einer Ranch sind, wollen auch wir uns in den Sattel schwingen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und Einweisung, geht es den Berg nach Filandia hinauf und auf der anderen Seite wieder hinab zur Finca El Berlín. Hier lebt und arbeitet Nicholás. Er stammt aus Bogotá und baut seit fünf Jahren Kaffee an. Von der Aufzucht der Pflanzen, über das Ernten, Schälen und Trocknen macht er alles selbst. Nach dem Rösten, mahlt und verkauft er dann seinen Kaffee auf der Finca. Doch seine wahre Geldmaschine ist die alte Fotokamera, mit der schon durch ganz Europa gereist ist und mit der man ihn am Wochenende auf dem Dorfplatz in Filandia antreffen kann, wo er Touristen fotografiert. Nach einer Tasse selbst geröstetem Kaffee und einem herzlichen Abschied, reiten wir wieder zurück. Andre gefällt auch zu Pferd das schnelle Tempo am besten, aber mit unseren Motorrädern tauschen wollen wir nicht. Die Pferde machen einfach was sie wollen und unsere Hintern schmerzen noch mehr.

19.07.2019 Salento – Valle de Cocora

Der winzige Staat Quindio ist nicht nur für seinen Kaffeeanbau berühmt, sondern auch für seine außergewöhnlichen Palmen. Diese Wachspalmen wachsen auf über 2.500 m Meereshöhe, werden über 60 m hoch und sind der Nationalbaum der Kolumbianer. Mit den Motorrädern fahren wir in das 35 km entfernte Valle de Cocora, vorbei an Kaffeeplantagen, duftenden Eukalyptusalleen und Kuhweiden wie in den Alpen und staunen über den ungewöhnlichen Anblick der Palmen in dieser Berglandschaft. Man stelle sich vor, im Südtirol würden Palmen wachsen…. verrückt. Das Angebot für einen Pferderitt lehnen wir dankend ab und erkunden das Tal lieber zu Fuß, am Fluß entlang und den steilen Hang hinauf. Erschöpft machen wir uns nach drei Stunden auf den Rückweg zum Parkplatz und gönnen uns an einem Straßenstand einen Café traditional. Bäh. Wir hatten kurz vergessen, dass die Kolumbianer alles mit Panela übersüßen. Das ist ungenießbar. Umso großartiger ist das Essen am Familientisch der Finca Steel Horse. Dort gibts am Abend Fajitas mit allem drum und dran. Ein bisschen wehmütig nehmen wir am nächsten Morgen Abschied von Paul und Yvette. Wir haben uns hier wie zuhause gefühlt.