Ruta de los Siete Lagos

16.11.2019 Puerto Montt – Puerto Octay

Während die Fähre an ihren Anlegeplatz zirkelt, rufen wir bei Nadja in Puerto Octay an. Nadja und Armin betreiben das Hostal Zapata Amarillo. Auf der Hinreise war kein Zimmer frei, aber wir hatten uns mit den beiden so nett unterhalten. Über die Situation in Chile, deutsche Auswanderer und die Tochter, die in einer Woche nach Stuttgart zum Schüleraustausch fliegt. Deswegen versuchen wir es jetzt nochmal und siehe da, dieses mal haben sie haben noch Platz für uns.

Wir umrunden den Llanquihue See, vorbei an zwei imposanten Vulkanen und durch einen Nationalpark. Aber eigentlich wollen wir nur ein Bett, einen Stuhl und Ruhe. Die letzten Wochen in Patagonien waren intensiv und wir müssen etwas auftanken bis es weitergehen kann.

17.11.2019 Puerto Octay

Zum Auftanken ist das Hostal inmitten saftig grüner Wiesen perfekt. Wir sitzen auf der Terrasse und beobachten abwechselnd die beiden Wollschafe, die eher an riesige Wollknäuel erinnern, und Armin und Nadja beim gärtnern. Die beiden strahlen eine beneidenswerte Ruhe aus. Vor 20 Jahren haben sie das Stückchen Land gekauft und in Eigenregie das Hostal gebaut und den großen Garten angelegt. Ihnen war wichtig, Zeit für ihre Kinder zu haben und immer da zu sein. Die Kinder sind jetzt groß und die beiden auf der Suche nach einem neuen Projekt in ihrem Leben.

Armin, der Schweizer, harkt sein Lavendelfeld, er produziert seit ein paar Jahren Lavendelöl. Mehr als ein paar kleine Fläschchen kommen zwar noch nicht raus, aber die Geduld und Hartnäckigkeit mit der er nach optimalen Ergebnissen sucht, ist beeindruckend. Nadja verwöhnt uns mit chilenischer Hausmannskost und da wir die einzigen Gäste sind, sitzen wir lange beisammen und erzählen uns gegenseitig unsere Lebens- und Reisegeschichten.

18.11.2019 Puerto Octay – San Martin de los Andes

Ein bisschen müssen wir uns zwingen weiterzufahren. Nur die Aussicht auf die Ruta de los Siete Lagos motiviert etwas. Die Straße führt von Bariloche nach San Martin de los Andes, vorbei an sieben Seen, eingebettet in weite Täler. Jeder Argentinier kennt sie und nicht wenige haben sie uns dringend ans Herz gelegt. Die Landschaft hier ist tatsächlich wunderschön und so grün wie nirgends sonst in Argentinien. Am Ende der gut 100 Kilometer müssen wir an Faber denken: “Es ist schön, doch unter uns, ich hätt´s mir größer vorgestellt”. Patagonien hat unsere Maßstäbe verändert, wir fragen uns wie wir unsere Erwartungen wieder auf Normalmaß reduziert bekommen. Vermutlich gar nicht.

19.11.2019 San Martin de los Andes

In San Martin beschließen wir einen Tag länger zu bleiben. Wahrscheinlich wegen des schönen Sonnenuntergangs. Im Sommer wird hier gewandert, im Winter Ski gefahren. Das Dorf ist touristisch, besticht aber durch eine traumhafte Lage an einem der sieben Bergseen. Wir wandern zu einem Aussichtspunkt und genießen das Panorama, was eigentlich nur ein Vorwand ist. Wir brauchen eine Rechtfertigung für den Konsum des sagenhaften Schokoladen- und Dulce de Leche Eis. In der ersten großen Einwanderungswelle kamen viele Italiener nach Argentinien und mit ihnen die Kunst der Eisherstellung. Die Kombi aus argentinischem Dulce de Leche und italienischem Gelato ist logische Konsequenz, gleichwohl befürchten wir eine baldige Diabetesdiagnose.

20./21.11.2019 San Martin de los Andes – Chos Malal – Malargüe

Nächstes Ziel ist Mendoza, das sind 1.200 Kilometer. Heißt für uns jeden Tag rund 400 K’s auf der legendären Ruta 40. Für europäische Verhältnisse hört sich das nach einem öden Ritt an, aber zwischen Bariloche und Mendoza ist die Landschaft derart abwechslungsreich, dass die Zeit im Flug vergeht und angesichts des drohenden Endes unserer Reise, fast ein wenig zu schnell. Wir bekommen nochmal einen Abriss der letzten Monate geboten. Anden, Kälte, Pampa, Steppe, Wüste, Canyons, Schotterpisten alles dabei.

Es sind nicht mehr die ganz großen Aufreger, aber das ist für uns genau richtig. Wir genießen das Fahren, lassen uns treiben und die letzten Monate Revue passieren. Wir treffen immer wieder Biker auf der Cuarenta. Der eine will uns seine Hardrock Band näher bringen, die anderen zittern sich durch die Schotterpassagen. Wir sind frei und glücklich und fühlen uns, als ob wir es mit jeder Route aufnehmen können, als ob uns nichts mehr stoppen kann.