Salta und der Norden Argentiniens

28.09.2019 Uyuni – La Quiaca

Nach dem Eisenbahnfriedhof fahren wir eine typisch südamerikanische Strecke. Eine prima asphaltierte Straße führt uns kurvenreich durch die wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft des Altiplano. Bis kurz vor Tupiza. Dann endet der Asphalt im Nichts. Genauer gesagt in einem Flussbett. Die restlichen 15 Kilometer sind dann eher was für off-road Freunde. Bei der Fahrt durch Wasser, Geröll und Sand sind wir mal wieder froh über unsere Fahrzeugwahl.

Bald darauf erreichen wir die argentinische Grenze. Ganz wie immer, etwas chaotisch mit vielen Fotocopia und Cambio Läden und eigenwilligen Abläufen. Aber alles in allem ein unkomplizierter Grenzübergang und schwups sind wir in Argentinien. Moment. Argentinien, das war doch unser Ziel. Also hier endet unsere Reise. Letzter Grenzübergang sozusagen. Wir halten inne und freuen uns es tatsächlich bis hierher geschafft zu haben. 24.000 Kilometer auf dem Motorrad, den ganzen Weg von Vancouver. Total verrückt. Aber da ist noch ein anderes Gefühl. Wehmut. Für den Gedanken Heimflug sind wir noch nicht bereit. Gut, dass Argentinien ein riesiges Land ist und wir noch beinahe zwei Monate Zeit haben.

Wir übernachten gleich nach der Grenze in einem sehr netten Hostel. Normalerweise ist der Übergang zu den Ländern nicht direkt an der Grenze spürbar, sondern erst später im Hinterland. Wir beobachten, wie wir zu jedem Land ein Verhältnis aufbauen wie zu einer Person. Ganz langsam fängt es mit Kommentaren über das Essen an, das hier besonders gut ist oder die Leute, die so entspannt sind. Diese Eindrücke verfestigen sich und nach ein, zwei Wochen ist dann Kolumbien entspannt oder Mexiko gastfreundlich oder Bolivien arm und ernst. Es ist jedesmal wie eine neue Bekanntschaft.

Jetzt also Argentinien. Hier ist schon ein paar Meter nach dem Schlagbaum klar, dass wir in einer anderen Welt sind. Ein bisschen wie Südeuropa. Bekannte Automarken, funktionierende Infrastruktur, Stehenbleiben an der roten Ampel, Fussgängerzone, keine Müllberge neben der Straße, niemand hupt. Und wir fallen kaum mehr als Touristen auf. Seit Mexiko war für jeden sofort klar: aha, Gringos. In Argentinien sehen aber viele so aus wie wir.

Und noch was: das Spanisch ist hier anders, zum Beispiel wird das j als sch gesprochen. Also das Frühstück desayuno wird zu desaschuno, der clave (ein Schlüssel, gesprochen jave) wird zum schave und selbst das Llama wird zum Schama. Apropos desayschuno, in Argentinien gibt es keine Eier zum Frühstück. Zum Haare raufen, wie sollen wir den Tag überleben?

Da in Argentinien erst spät zu Abend gegessen wird, überbrücken wir den Nachmittag mit unseren ersten argentinischen Empanadas. Sehr lecker. Um neun gibt es dann eine Parillada, ein typisches Gericht mit Nieren, Ribs, Wurst vom Grill. Vegetarier gibt es hier vermutlich keine.

29.09.2019 La Quiaca – Tilarca

Der nächste Tag ist ein kleiner Vorgeschmack auf die Weiten in Argentinien. Hier liegen zwischen zwei kleinen Ortschaften schonmal 150 Kilometer. Allerdings 150 Kilometer geradeaus durch eine atemberaubende Landschaft. Bunte Sandsteingebirge wechseln sich ab mit Steppen und Wüsten, Canyons und Andenpässe. Wir fahren bis Tilarca, hier soll es besonders schön sein und schlagen unser Zelt im Innenhof einen Hostels auf. Das beschauliche Dorf liegt ruhig in der Mittagshitze, wir passen uns an, halten Siesta und ziehen abends los, um uns ein Steak vom Grill zu genehmigen. So kann das weitergehen.

30.09.2019 Tilarca – Salta

Wir sind seit einem Monat auf dem Altiplano unterwegs. Das heißt immer über 3.000m. Das heißt auch immer ein frisches Lüftchen. Sehr angenehm. Auf dem Weg nach Salta geht es jetzt runter in die Amazonas Tiefebene. Dort ist es zwar schön grün, aber auch sehr heiß. Durch Nebelwälder fahren wir auf einer Straße, die nicht breiter ist als ein Fahrradweg kurvenreich in die Provinzhauptstadt Salta.

Dort treffen wir seit Monaten zum ersten Mal Motorradfahrer, die auf ihren BMWs zum Sonntagsausflug unterwegs sind. Wie schon gesagt, Argentinien ist ein bisschen wie Europa. Wir wissen nicht so recht, ob wir uns darüber freuen sollen. Ganz ehrlich: am Anfang unserer Reise hätten wir das eine oder andere Mal gerne einen Spaziergang im Rosental gemacht, wo es so schön sauber und sicher ist. Und wir hatten ein wenig Heimweh. Das hat sich allerdings recht schnell gelegt und jetzt, da wir zum ersten mal etwas heimische Atmosphäre spüren, sind wir eher skeptisch. Wir haben das Chaos liebgewonnen. Und die Menschen, die damit tagtäglich umgehen müssen. All diese Regeln und Zwänge. Wollen wir das wirklich wieder zurück? Wir verdrängen den Gedanken, genehmigen uns noch ein paar Empanadas und ein nettes Hotelzimmer mit Klimaanlage bei 38 Grad.

01.10.2019 Salta

Heute erkunden wir Salta. Highlight ist eine Gondelbahn, die im Schneckentempo den einzigen Hügel der Stadt erklimmt. Die Ladies, die mit uns in der Gondel sitzen sind aufgeregt wie verrückt und machen gefühlt 300 Bilder. Oben angekommen, gucken wir runter. Was soll man auch machen. Sonnenuntergang über Großstadtdunst.

Sehr nett ist die argentinische Matekultur zu erleben. Jede Gruppe hier oben hat ihren Lederbeutel für die Mate-Runde dabei. Da gehört eine Thermosflasche mit heißen Wasser hinein, ein Becher, der in etwa die Form eines Apfels hat und ein Metallstrohhalm mit einem Tee-Ei unten dran. Der Matetee wird jetzt mehrfach aufgegossen und herumgereicht. Ein Mordsding ist das hier. Ob wir es wohl auf eine Mate Einladung schaffen in Argentinien? Das soll eine große Ehre sein und darf keinesfalls abgelehnt werden.

Der Rest von Salta gibt nicht so viel her. Ganz nette Kolonialbauten. Wissenschon.