Parque Patagonia

30.10.2019 Cochrane – Parque Patagonia

Nicolas und wir schlafen im gleichen Hostel und haben für heute das gleiche Ziel, den Parque Patagonia. Eine ehemalige Estancia zur Schafzucht wurde ebenfalls von Doug Tompkins gekauft und wird heute als die Serengeti von Südamerika bezeichnet. Der Park erstreckt sich über das Chacabuco Tal und eine Schotterpiste führt auf den Paso Roballos, wo man die Grenze zu Argentinien überqueren kann.

Schon kurz nach dem Abzweig von der Carretera Austral wissen wir warum Serengeti. Vor uns steht eine Herde Guanacos auf der Straße, so etwas ähnliches wie Lamas. Sie schauen uns interessiert an und machen gemächlich Platz. Wir fahren weiter und die kitschige Schönheit der Landschaft scheint keine Grenzen zu kennen. Von Laura haben wir den unbedingten Tip bekommen, durch dieses Tal zu fahren. Sie glaubt, dass der Park bald das neue Torres del Paine wird und Touristenmassen über ihn herfallen werden. Glauben wir nicht, denn die Anfahrt ist alles andere als massenkompatibel. Zwischendurch wird die Piste herausfordernd und wir müssen unsere sieben Sinne beisammen haben, um gut durch das lose Kies und die felsigen Passagen zu kommen.

Der erste Halt ist am Besucherzentrum. Hier gibt es ein Museum, das hoch gelobt wird und zum Pflichtprogramm gehört. Wir verabschieden uns von Nicolas, der weiter will, da er in fünf Tagen am Torres del Paine sein möchte. Bei dem Museum hat sich die Tompkins Foundation tatsächlich nicht lumpen lassen. Eine liebevoll gestaltete Ausstellung. Wir lernen viele neue Fakten zu den Diskussionen über Klima, Überbevölkerung, Müllprobleme und Artenschutz. Das wichtigste Zitat, das uns noch lange beschäftigt, entdeckt Karin. “Man schützt nur, was man liebt”. So haben wir das noch gar nie betrachtet. Aber klar, von Europa aus ist eine Mine in Patagonien oder Lithium Abbau in Bolivien nur eine Randnotiz. Für uns ist es schlimm, wir sind da gewesen und wir lieben diese Natur. Bedeutet das, es sollten viel mehr Menschen hierher kommen? Wir sind schon wieder verwirrt.

Noch gut zwei Stunden rollen wir langsam durch den Park, vorbei an Flamingos, Nandus, Kondoren in der Luft und immer wieder Guanacos. Auf dem letzten Campingplatz im Tal schlagen wir unser Zelt auf und kommen zum ersten Mal  mit den patagonischen Winden in Berührung. Gut, dass unser Zelt stabil ist. Das Abendessen müssen wir uns hart erarbeiten, da sich die sechs Kilometer zum Doug Tompkins Aussichtspunkt ganz schön ziehen. Oben angekommen, verstehen wir allerdings sofort warum Mr. Tompkins gerne hier war. Da ist alle Anstrengung schnell vergessen.

31.10.2019 Parque Patagonia – Gobernador Gregores

Irgendjemand hat mitten in der Nacht den Wind ausgeknipst. Von einem Moment auf den anderen. Windstill. Wir spulen unsere Morgenroutine ab. Frühstück machen, Schlafsäcke und Isomatten zusammen packen, Zelt einrollen. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team.

Nach ein paar Kilometern kommen wir zur Grenze und müssen spontan lachen. Während wir vom Motorrad absteigen, kommt ein Hund angetrottet, ein paar Schafe schauen uns kauend an und im Hintergrund kräht der Hahn. Im Registerbuch, in dem alle Vorbeikommenden erfasst werden, ist der letzte Eintrag von vorgestern. Wir sind das Highlight des Tages für den argentinischen Zollbeamten. Entsprechend freundlich geht es zu und nachdem er diverse Formulare mit seinem Schullineal fein säuberlich ausgefüllt hat, dürfen wir den Schlagbaum passieren.

Wir fahren noch drei Stunden auf einer felsigen Erdpiste, vorbei an Estancias mit Schaf- und Rinderherden und nach sage und schreibe 1200 Kilometern erreichen wir zum ersten mal Asphalt. Von Hamburg bis Genua sind wir auf jedem erdenklichen Untergrund unterwegs gewesen. Für alle, die es noch nicht verstanden haben: wir sind stolz wie Harry!

Die Freude über den Fahrbahnbelag währt allerdings nur kurz, denn der Wind bläst so unvorstellbar von der Seite, dass es uns schier die Helme vom Kopf reisst. Ziemlich nervige, windige 200 Kilometer in Schräglage geht es geradeaus durch die argentinische Pampa nach Gobernador Gregores, unserem Tagesziel. An der Tankstelle wird Karin einfach aus dem Stand umgeweht. Es fühlt sich beängstigend an, so machtlos zu sein. Wir lernen windguru.cz kennen und werden davon in den nächsten Tagen noch reichlich gebrauch machen. Für heute freuen wir uns die Motorräder windgeschützt abstellen zu können und über das schlechteste Abendessen in ganz Südamerika hüllen wir den Mantel des Schweigens. Gute Nacht.