05.10.2019 Cafayate – Talampaya
Wir hatten Nordargentinien gar nicht so recht auf dem Radar und sind immer noch baff wie groß die Distanzen hier sind. Unser heutiges Ziel, der Nationalpark Talampaya, liegt auf der Karte ein bisschen südlich von Cafayate. Ein bisschen südlich sind 650 Kilometer. Das ist uns zu viel und wir übernachten im schmucklosen Minenstädtchen Chilecito.
Die Landschaft erinnert uns ein bisschen an die Weiten der USA. Prärie wechselt sich mit Sandsteingebirge ab, Steppe folgt auf Canyons. Vielleicht ist das für uns als Europäer so berührend, weil wir kaum die Gelegenheit haben stundenlang mutterseelenallein unterwegs zu sein. Argentinien hat halb so viel Einwohner wie Deutschland, ist aber achtmal so groß.
Am Besucherzentrum des Nationalparks gibt es einen Campingplatz und wir beschließen spontan eine Tour durch den Park zu machen und die Nacht hier draußen zu verbringen. Für uns sowieso die beste Option, da wir feststellen, dass unser Sprit nicht mehr bis zum Valle de la Luna reicht. Und das, obwohl der Tank noch Dreiviertel voll ist. Es sind eben andere Distanzen hier oben in Nordargentinien.
Der Nationalpark Talampaya ist – soweit wir das verstanden haben – das Mekka der Paläontologen. Man kann in den bizarr geformten Sandsteinen eine komplette Periode des Erdmittelalters nachvollziehen. Sogar ein Verwandter der Dinosaurier hat hier gelebt und seine Fossilien hinterlassen. Wir fahren vier Stunden mit einem zum Safarimobil umgebauten Truck in den Park, denn rein kommt man nur mit einer Tour. Es geht über eine Sandpiste durch einen Canyon. Ziemlich beeindruckend finden wir, dass der ganze Canyon in der Regenzeit ca. anderthalb bis zwei Meter unter Wasser steht und den Rio Talampaya bildet. Wir sehen Felsmalereien und hochaufragende Sandsteinformationen über denen Condore kreisen. Ganz sicher werden wir keine Paläontologen, aber der Ausflug in die Erdgeschichte vor rund 250 Millionen Jahren ist ziemlich spannend.
Die Nacht verbringen wir im Zelt vor den Toren des Nationalparks. Wir sitzen noch etwas mit dem Nachtwächter zusammen, der uns uns zwei Fertiggerichte in die Mikrowelle schiebt und sich freut, dass er ein bisschen Gesellschaft hier draußen hat.
06.10.2019 Talampaya – Barreal
Das schöne am Langzeitreisen ist, dass man keinen Plan hat. Und wenn man einen hat, dann ist er schon nach einem Tag hinfällig. Wir fahren also 30 Kilometer zurück zum Tanken, die nette Dame hat allerdings keinen Sprit. Also fahren wir nochmal 30 Kilometer in die falsche Richtung. Dort treffen wir auf eine Gruppe chilenischer Biker, die einen Kurztrip nach Argentinien machen und uns mit super Routen versorgen.
Diesen folgen wir und erleben einen spektakulären Fahrtag. Immer die Anden mit ihren schneebedeckten Gipfeln im Blick. Die 400 Kilometer vergehen wie im Flug und machen Spaß.
Da es sonst nicht viel zu erzählen gibt, erzähle ich die Geschichte von Gaucho Gil.
Überall am Wegesrand treffen wir auf kleine Gedenkstätten mit roten Bändeln. Zum Teil mit Bergen von Weihwasser daneben, manchmal mit gemauerten Altaren, meistens an einem Baum. Hier wird Gaucho Gil gehuldigt. Er wurde als Viehdieb zum Tode verurteilt und bei seiner Hinrichtung mittels Strick am Baum hat er dem Henker gesteckt, dass sein Sohn krank werden wird. Sollte der Henker ihm ein ordentliches Grab verschaffen, wird sein Sohn wieder gesund werden. Jetzt, wie geht die Geschichte weiter? Jemand ne Idee? Genau, des Henkers Sohn wird krank, der buddelt den Gaucho Gil wieder aus, legt ihn in ein ordentliches Grab und siehe da: Spontanheilung. Seitdem ist der Kerl Nationalheiliger und wird nach Kräften verehrt. Ihr könnt Euch vorstellen, jedes mal wenn wir ab jetzt an den roten Bändeln vorbeifahren, muss einer von uns lachen. Und nicht vergessen zu hupen, um den Gaucho im Vorbeifahren zu grüßen und damit für eine unfallfreie Fahrt zu sorgen.
07.10.2019 Barreal
Oskar, den wir auf den Galapagos Inseln kennenlernten, hat uns dringend empfohlen einen Stopp in der Posada de los Patos in Barreal einzulegen. Da die Zimmer schnell ausgebucht sind, reservieren wir vorab für drei Nächte um es sogleich zu bereuen. Es reist sich einfach besser ohne Reservierung, erstens findet man immer einen Platz für die Nacht und zweitens weiß man nicht was unterwegs passiert. Wir hätten gerne noch etwas mehr Zeit im Norden Argentiniens verbracht.
Aber Barreal entschädigt uns. Das kleine Städtchen mit 2.000 Einwohnern liegt im andinen Hochland und ist ziemlich verschlafen. Der LonelyPlanet empfiehlt dem Besucher sich in der Kunst des süßen Nichtstuns zu üben und genau das machen wir auch. Und zwar in der Posada de los Patos, die von zwei Schwestern betrieben wird. Die beiden kommen aus Buenos Aires und haben zusammen mit ihren Partnern hier im Nichts mit feinem architektonischem Gespür eine herrliche Oase geschaffen. Das besondere ist, dass jeweils ein Paar für 14 Tage Dienst hat, dann wird gewechselt.
Wir fühlen uns sehr wohl und lassen es uns zwei Tage gutgehen. Man spürt wenn jemand eine Sache mit Leidenschaft macht. Und bei Herbergen ist das eben der entscheidende Unterschied. Ganz egal ob Schlafsaal oder Zweibettzimmer, wir freuen uns jedesmal wenn wir auf echte Gastfreundschaft treffen. So lassen wir uns von Patricia bekochen und genießen die Ruhe und die Aussicht auf die Berge. Akkus aufladen für die Fahrt nach Chile und Patagonien.