Valle Sagrado – Machu Picchu

07.09.2019 Chalhuanca – Ollantaytambo

Machu Picchu gilt als die Touristenattraktion Südamerikas. Es pilgern jedes Jahr über 1,7 Millionen Besucher zu der alten Inkastätte. In der Hochsaison sind die limitierten Tickets bereits wochenlang im Voraus ausgebucht und Plätze für den Inkatrail gibt es schon im Januar für September keine mehr. Wollen wir uns das wirklich antun? Andre schreckt der Hype ab, Karin will unbedingt. Sie recherchiert stundenlang wie man am besten hinkommt, wann die beste Besuchszeit ist, welcher Zug zu nehmen ist, wo man am besten übernachtet, von wo man anreist. Es ist endlos. Letztlich entscheidet Karin, dass wir mitten im Heiligen Tal unser Basislager aufschlagen. Zwischen Urubamba und Ollantaytambo liegt das Hotel Casa de la Chola und hat gerade einmal vier Zimmer. Drumherum gibt es nichts, außer der kleinen Cerveceria Valle Sagrado. Das überzeugt Andre.

Nach einer Nacht in einem kleinen Dorf im Nirgendwo, nehmen wir die letzten Kilometer ins Heilige Tag in Angriff. Die sechs Stunden Fahrt über Berg und Tal, Pässe und Hochplateaus, verfliegen wie im Nu und sind wunderschön zu fahren. Aber die letzte halbe Stunde, über die Hochebene von Maras, hinab ins Heilige Tal und am Fluß Urubamba entlang, bietet einen Anblick, der einzigartig ist. Diese Weite, der Himmel und im Hintergrund die Berge mit tiefen Taleinschnitten, erklären wohl wie das Tal zu seinem Namen kam. Und auch die Lobpreisungen für das Casa de la Chola waren nicht übertrieben. Wir werden in dem liebevollen Hotel von Toni, Chola (seinem Hund) und frischer Pizza aus dem Steinofen empfangen. Einfach himmlisch!

08.09.2019 Ollantaytambo

Toni verwöhnt seine Gäste nicht nur mit fantastischer Pizza und feinstem Frühstück, er hat auch zig Empfehlungen für die Umgebung. Eigentlich wollten wir es ruhig angehen lassen, aber Toni schickt uns auf einen Spaziergang vom Hotel nach Ollantaytambo. Bei schönstem Wetter folgen wir einem Pfad 6 km am Fluß entlang, durch duftende Eukalyptuswäldchen und eine zauberhafte Landschaft, vorbei an alten Inkaterrassen. In Ollantaytambo belohnen wir uns mit einem unglaublich guten Schokoladeneis, bevor wir die durch die Altstadt schlendern und die steilen Stufen zu den Ruinen erklimmen. Eins muss man den alten Inkas lassen: von Terrassen bauen und Steine klopfen haben sie was verstanden, egal in welcher Höhe. Außer Puste, geht es zum Bahnhof. Dort gibt es laut Toni im Restaurant Albuerge den besten Alpaka Burger. Stimmt, schmeckt ausgezeichnet. Ein bisschen wie Kalb. Zurück geht es mit dem Collectivo auf direktem Wege in die Cerveceria. Gute Nacht.

09.09.2019 Ollantaytambo

Weil es gestern so schön war, machen wir das ganze noch einmal, nur umgekehrt. Wir sind ganz beglückt von der Landschaft. Kurz vor dem Hotel entdecken wir die Skylodge, von der uns Toni, mit dem Kommentar “todo loco”, erzählt hat. Jetzt verstehen wir auch warum. Es ist ein 5-Sterne-Luxushotel, das aus drei Schlafkapseln und einem Restaurant am nackten Fels besteht. Dorthin gelangt man über eine Via Ferrata, die praktisch nur aus Eisenstiften besteht und 400m senkrecht nach oben führt. Wir beobachten fasziniert eine Gruppe Neuankömmlinge, wie sie sich langsam vorwärts zittern. Dafür dürfen sie am nächsten Morgen via Ziplines absteigen. Todo Loco. Wir verbringen den Rest des Tages gemütlich in der Hängematte und gedenken beim abendlichen Sturm der Skylodge Besucher.

10.09.2019 Machu Picchu

Heute ist der große Machu Picchu Tag. Sogar Andre ist ein bisschen aufgeregt. Ob all die Versprechungen über das Weltwunder der Neuzeit wohl wahr werden?

Von Ollantaytambo tuckert die Eisenbahn gemütlich durch das idyllische Heilige Tal, immer dem Fluß Urubamba entlang. Vorbei an Feldern der Indigenas, Ruinen der Inkas und Wanderern auf dem Inkaktrail. In Aguas Calientes, dem Dorf unterhalb Machu Picchus, durch das alle Besucher müssen, ist allerdings Schluss mit gemütlich. Hier geht es zu wie in einem Bienenschwarm und vor lauter Souvenirständen findet man kaum den Weg aus dem Bahnhof. Der ganze Ort scheint nur für Touristen zu existieren. Und um den Massen von über 5.000 Besuchern pro Tag Herr zu werden, ist alles entsprechend durchorganisiert. Hier das Busticket kaufen, dort Wasser besorgen, da drüben an der Haltestelle anstehen, in diesen Bus einsteigen und schon geht es im Minutentakt steil hinauf. Oben werden die Besucher vor dem Eingang zu Machu Picchu ausgespuckt. Wir fühlen uns wie Schafe in einer Herde, die durch ein Gatter getrieben werden.

Doch sobald wir abseits des Rundgangs zum Sonnentor spazieren, sind wir überwältigt von dem Ausmaß und der Schönheit der Ruinen, eingebettet in eine atemraubende Landschaft. Da stören auch die anderen Touristen nicht mehr. Schon gar nicht Anna und Georg, die uns überraschend und total erschöpft entgegen kommen. Die netten Allgäuer haben wir im Upcycled Hostel in Huacachina kennengelernt und waren uns auf Anhieb sympathisch. Jetzt haben die Beiden unsere vollste Hochachtung. Gestern per 10km Wanderung nach Aguas Calientes angereist, heute Morgen den Aufstieg zu Fuß erklommen, den Montaña Picchu bestiegen und nun wieder zu Fuß bergab. Respekt. Vor zwanzig Jahren hätten wir das auch noch gemacht.

Wir steigen weiter zum Sonnentor auf, genießen die Aussicht auf die Berge ringsum, freuen uns mit den Wanderern des Trails, als sie am Sonnentor ankommen und spüren, dass dies ein besonderer Ort ist. Zwei Stunden später überblicken wir auf dem Rückweg zum ersten mal die gesamte Anlage und sind sprachlos. Es sind nicht nur die Ruinen, sondern vielmehr die unglaubliche Lage auf einem Bergrücken. In alle Richtungen sieht man sowohl den Fluß Urubamba unten im Tal, als auch die 6.000er Gipfel am Horizont. Zusammen mit dem Licht erzeugt diese Umgebung eine magische Stimmung, die wohl auch die Inkas dazu veranlasst hat, diesen unfassbaren Aufwand zu betreiben hier oben eine Stadt für 500 Menschen zu bauen, die vermutlich ein rein spirituelles Zentrum war.

11.09.2019 Aguas Calientes – Ollantaytambo

Wir sind so erschöpft vom Vortag, dass wir glatt das Hotelfrühstück von 4 Uhr bis 8:30 Uhr verschlafen. Hier in Aguas Calientes ticken die Uhren einfach anders. Dafür treffen wir uns zum gemeinsamen Frühstück mit Anna und Georg, bevor sie zu Ihrem Rückmarsch und wir zum Zug aufbrechen. Auf der Rückfahrt nach Ollantaytambo herrscht Ruhe, vor Müdigkeit und Staunen über das Gesehene. Wir sind uns einig, dass Machu Picchu absolut einen Besuch wert ist und trotz Massentourismus alle Erwartungen übertroffen hat. Darauf noch ´n Bier und Burger in der Cerveceria und ab ins Bett.

12.09.2019 Salinas de Maras

Zurück bei Toni werden wir weiter mit besten Tipps versorgt. Für heute ist die Empfehlung: Salinas de Maras. Extrem salzhaltiges Quellwasser aus den Bergen wird in kleinen Bassins aufgestaut und zur Salzgewinnung verwendet.

Problem dabei ist, dass wir unsere Motorräder gegen Mountainbikes tauschen sollen. Und das bedeutet selber treten, kein Motor, pure Anstrengung. Völlig verausgabt kommen wir unterhalb den Salinas an und müssen jetzt auch noch da hoch laufen. Aber es lohnt sich. Wenn die Sonne rauskommt, leuchten die unzähligen Salzbecken in dem Tal schneeweiß. Und wir sind ganz alleine. Die Touristen werden von oben in Bussen angekarrt und kommen nicht weiter als die Aussichtsterrasse.

Abends schmeißt Toni wieder seinen Pizzaofen an und wir verbringen einen sehr netten Abend mit Marjan und Dave aus London.

13.09.2019 Moray

Heute erwartet uns noch ein Highlight, auf das wir uns schon seit Lima freuen. Ein Besuch im MILcentro. Das Experimentierlabor des Central mit eigenem Restaurant. Es liegt auf der Hochebene von Maras und ist nur über ein paar Schotterstraßen zu erreichen. Hier arbeitet Virgilio Martinez eng mit den indigenen Gemeinden zusammen, um von ihnen die traditionellen Methoden zum Anbau, Konservieren und Zubereiten ursprünglicher Zutaten zu erlernen. Deshalb gehören auch große Ackerflächen zum Restaurant, das einsam vor den Terrassen von Moray liegt.

Diese stammen aus der Inka Zeit und bestehen aus mehreren kreis- und ovalförmigen Terrassenanlagen. Über ihren Zweck kann man nur spekulieren. Zur Erforschung der Anbaumöglichkeiten von Getreide oder doch für Rituale zur Huldigung des Wassers? Man weiß es nicht genau. Schön sind sie allemal.

In dieser traumhaften Landschaft beginnen wir mit einer Führung durch die Ausstellung, die hauseigene Schokoladenküche und Destillerie. Danach folgen die Gänge in perfekter Abfolge und jeweils mit einer beeindruckenden Story zur Herstellung oder Herkunft. Allerdings kann das MIL seinem Mutterrestaurant aus Lima nicht ganz das Wasser reichen. Die Lage allerdings ist der Hammer und macht einen Besuch allemal lohnenswert.

Wir sind derart begeistert über die Hochebene mit Aussicht auf das Heilige Tal, dass wir nach Maras zurück spazieren und die Einsamkeit in der Abendstimmung genießen.

14.09.2019 Ollantaytambo

Heute machen wir wirklich einen Tag Pause. Liegen in der Hängematte und kümmern uns um unseren Blog, der die letzten Tage schwer vernachlässigt wurde. Weil heute Tonis Pizzapausentag ist, statten wir der Cerveceria einen Besuch ab und lassen uns frisches Forellencarpaccio und leckere Burger schmecken.

15.09. Chinchero

Es gibt noch vieles mehr im Heiligen Tal zu entdecken, aber langsam zieht es uns weiter und heute ist unser letzter Tag. Sonntags kommen die Indigenas aus den umliegenden Dörfern nach Chinchero und bieten ihre Waren feil. Das wollen wir nicht verpassen.

Das System der Collectivos ist so einfach und günstig, dass wir gerne unsere Motorräder stehen lassen. Wir stellen uns an die Straße, winken einen der Minibusse heran, die alle paar Minuten vorbei fahren, und werden für ein paar Cent mitgenommen. Das sollte es auch bei uns geben, dann braucht keiner mehr ein eigenes Auto und die Parkplatzsuche erübrigt sich von selbst. In Chinchero lässt uns der Fahrer an der gewünschten Kreuzung raus und wir schlendern durch ein typisch peruanisches Bergdorf. Chinchero ist allerdings auch die Hochburg der Textilherstellung und so reiht sich eine Kollektive an die andere. Hier bekommen wir eine Einführung in die traditionelle Verarbeitung von Alpaka- und Lamawolle, inklusive dem Spinnen von Hand und Färben mit Naturfarben. Besonders faszinierend ist die aufwendige Webtechnik mit alten Symbolen. Wir bezweifeln allerdings, dass die Massen von Wollpullovern mit den immergleichen Mustern, die bei den Touristen so beliebt sind, ebenfalls so liebevoll von Hand gefertigt werden. Egal, sie sind schön warm und das zählt. Auch für uns.

Nun aber auf zum Mercado, wo es noch mehr Pullover, Mützen und Schals, aber auch Kartoffeln und Mais in allen Farben gibt. Wir können uns der Kaufangebote kaum erwehren und gönnen uns lieber eine Trucha frita mit Kartoffeln und Gemüse. Lecker.

Zu den Inkaruinen drei Kilometer außerhalb schaffen wir es zwar nicht mehr, bekommen aber auf dem Kirchplatz ein Tanzspektakel geboten und zum Abschluss gibt es natürlich noch ein Abschiedsbier in der Cerveceria und Toni schmeisst ein letztes Mal seinen Ofen an und serviert Pizza Salami und de la Chola.

16.09.2019 Gracias Toni

Acht Tage waren wir im Heiligen Tal und dennoch verabschieden wir uns schweren Herzens von der Natur, den Bergen und der Ruhe. Vor allem aber werden wir Toni und Chola vermissen, was für ein tolles Team.