Titikakasee

20.09.2019 Cuzco – Chucuito

So sehr wir Cuzco genossen haben, so froh sind wir wieder auf unseren Motorrädern zu sitzen. Wir können gar nicht genug von dem Anblick der Berge und der Weite bekommen.

Nach 400 km erreichen wir unseren letzten Stopp in Peru. Der Titikasee. Er ist 190 km lang und liegt auf der Grenze zwischen Peru und Bolivien auf einer Höhe von über 3.800 m. Damit ist der See das höchstgelegene schiffbare Gewässer der Welt und ein Touristenmagnet. Wir umgehen die Massen und quartieren uns in Chucuito ein. Das kleine Dorf bietet außer ein paar Inkasteinen, einer Plaza und einer Kirche nichts. Aber der Blick vom Hotelzimmer auf den See ist unschlagbar und der Sonnenuntergang spektakulär.

21.09.2019 Chucuito

Eigentlich steht heute ein Ausflug nach Puno an, der größten Stadt am Titikakasee. Aber wir beschließen spontan zu Faulenzen und endlich unseren Blogbeitrag zum Heiligen Tal zu verfassen. Das schieben wir schon so lange vor uns her und wir fragen uns mal wieder, warum wir uns die Schreiberei antun. Aber hinterher sind wir doch froh und belohnen uns mit frischer Forelle und lokalen Kartoffeln auf dem Dorfplatz von Chucuito. Köstlich!

22.09.2019 Chucuito

Heute also das Touristenprogramm. Mit dem Colectivo geht es in halsbrecherischem Tempo nach Puno. Über die Verbrechen der katholischen Kirchen haben wir uns bereits im Cuzco Artikel ausgelassen. Aber die blinde Gläubigkeit ihrer Schäfchen ist im Straßenverkehr allgegenwärtig. Als südamerikanischer Verkehrsteilnehmer bekreuzigt man sich vor jedem Anfahren, erbringt Opfergaben an Schreinen am Straßenrand oder beklebt sein Fahrzeug mit lebensgroßen Christusbildern und schon ist man sich Gottes Schutz sicher. So einfach ist das. Wir sind einfach froh heil anzukommen und gehen den letzten Kilometer gerne zu Fuß zum Hafen.

Von dort tuckern wir in einem alten klapprigen Kahn, der schwarze Rauchschwaden hinter sich herzieht, Richtung der Uros Inseln. Mit einem Friday-for-Future Gewissen kann man das kaum vereinbaren, aber das ist hier sowieso das geringste Problem. Hauptsache es fährt.

Die schwimmenden Inseln bestehen aus vielen dicken Lagen Schilf und dienen dem Volk der Uros schon seit der Inkazeit als Wohnstätte. Bei einem drohenden Angriff konnten sie einfach die Leinen kappen und weiter auf den See hinaustreiben. So haben sich die Uros ihre Unabhängigkeit bewahrt und wurden nie von den Inkas erobert. Früher lebten sie vom Fischfang, heute von den Touristen. Nach einer kurzen Einführung in ihre Geschichte und Lebensweise, werden wir freundlich, aber bestimmt zum Kauf von Souvenirs genötigt. Dank Karins Plauderei mit Juan und seiner Frau befinden wir uns nun im Besitz von zwei Kissenbezüge. Wir unterstützen ja gerne die sechs Familien, die auf dieser 200 m großen Insel leben, haben aber keine Ahnung, wie wir die im Gepäck unterbringen sollen.

Bis dahin ist unser Ausflug entspannt. Doch dann “möchte” die ganze Gruppe mit einem der aus Schilf geflochtenen Boote auf die Hauptinsel fahren. Das kostet natürlich extra und der kleine Junge bekommt auch noch was für seine dargebrachte Gesangseinlage. Kein Wunder hatte er sich vor der Abfahrt versteckt. Hätten wir auch tun sollen. Denn auf der Hauptinsel gibt es noch mehr Souvenirs zu kaufen und ein Restaurant mit überteuerten Preisen. Uns reicht es. Wir waren zwar vorgewarnt, aber dann doch von der Abfertigung durch die Touranbieter überrascht. Dafür können die meisten Uros nix, aber beim nächsten Mal suchen wir uns lieber eine nette Gastfamilie und übernachten dort. Da haben alle was davon.

23.09.2019 Chucuito – Copacabana

Einen ganz anderen Titikakasee verspricht der Reiseführer auf der bolivianischen Seite. In einer kurzen Etappe fahren wir  gemütlich am reizvollen See entlang zur Grenze. Die peruanischen Formalitäten sind rasch erledigt, doch der bolivianische Beamte sieht seine heilige Mittagspause in Gefahr und erklärt uns, dass die knappe Stunde nicht ausreicht,  um die Papiere zu erstellen. Gut, dass Andre vorbereitet ist und ihm die online ausgefüllten Formulare unter die Nase hält. Er strahlt und kürt Andre zum Aduana-Champion. Die Beamten am Migrationsschalter wollen offensichtlich auch pünktlich Mittag machen und stempeln unsere Pässe ohne weitere Fragen ab. Wir merken schon, Bolivien wird anders.

In Copacabana gibt es zahlreiche Unterkünfte, wir nehmen uns ein nettes Hotel, das für unsere Verhältnisse immer noch krass billig ist. Auch hier gibt es viel Touristen, aber als Backpacker Umschlagplatz verströmt der Ort ein gewisse Entspanntheit und Lässigkeit. Sogar die Kirche überrascht uns durch ihre Andersartigkeit, mit ihrer schlichten, weißen Eleganz und den hübschen Fliesenornamenten.

24.09.2019 Copacabana

Von Bootsfahrten für Touristen haben wir genug und verzichten auf einen Ausflug zur viel gepriesenen Isla del Sol. Zumal wegen Streitigkeiten der Inselbewohner nur der südliche Teil besucht werden kann und die wahren Highlights im Norden liegen. Um wenigstens etwas zu unternehmen, beschließt Karin, dass wir zum Sonnenuntergang den Hausberg besteigen. Andre bekommt schon beim Anblick schlechte Laune, hat aber keine bessere Idee. Und so schnaufen wir uns auf über 4.000 Höhenmeter steil bergauf. Einen richtigen Weg gibt es nicht, stattdessen die Hinterlassenschaften vorheriger Bezwinger. Jeder Schritt führt vorbei an Plastiktüten, leeren Chipstüten, Colaflaschen, Styroporbechern und vollen Windeln. Da bekommt Karin schlechte Laune. Oben werden wir mit einem fantastischen Ausblick und grandiosen Sonnenuntergang belohnt.

Der Rückweg über den Kreuzweg führt geradewegs ins Restaurant. Dort treffen wir Eduardo und seine Freundin. Eduardo hat in den USA studiert, lange im Ausland gelebt und ist nun der Liebe wegen nach Bolivien zurückgekehrt. Von ihm erfahren wir viel über das Land, die bevorstehende Präsidentschaftswahl und wie Evo Morales es geschafft hat, aus einer Amtszeit vier zu machen. Doch nach dem Niederbrennen großer Amazonasgebiete, als dessen Verursacher er Morales sieht, hofft er auf eine Überraschung bei der nächsten Wahl. Ob das dem ärmsten Land Südamerikas helfen wird? Wir bezweifeln es.