Lima

30.08.2019 Huaraz – Lima

Eigentlich wollten wir gar nicht nach Lima. Millionenmoloch, Verkehrschaos, Parkplatzsuche, Stress, Lärm – nichts was unser Motorradfahrerherz begehrt. Außer einer Sache, aber die ist unmöglich zu bekommen. Vor vier Wochen auf unserer Galapagoscruise unterhielten wir uns mit Maria über unsere Reise und kommenden Pläne. Maria lebt in Lima und war regelrecht entsetzt über unser Vorhaben Lima nicht zu besuchen. Sie schwärmte uns von den wunderschönen historischen Stadtvierteln, den vielen Museen und den ausgezeichneten Restaurants vor. Wir kamen ins Schwanken, waren aber nicht überzeugt. Wir erklärten ihr, wie umständlich und nervenaufreibend der Besuch einer Großstadt jedesmal für uns ist. Wir würden das alles ja auf uns nehmen, wenn wir einen Tisch im Central bekämen, aber das ist unmöglich und wir wissen ohnehin noch nicht, wann genau wir dort ankommen könnten. Darauf erwidert Maria salopp: kein Problem, den besorge ich Euch! Da waren wir platt und Lima auf unserer Liste.

Wir verlassen also bei strahlendem Sonnenschein die Idylle der Churup Lodge, durchqueren das trubelige Huaraz und fahren über eine wunderschöne Hochebene südlich in Richtung Küste nach Lima. Das Panorama mit den schneebedeckten Giganten der Cordillera Blanca begleitet uns noch kilometerlang und raubt uns vor lauter erhabener Schönheit den Atem. Wir wissen gar nicht wo wir hinschauen sollen. Ein Wunder, dass keiner vom Motorrad fällt. Und dann geht es über eine kurvenreiche Strecke, durch ein Tal hinab auf Meereshöhe. Die ausgeschütteten Glückshormone brauchen wir dringend für die letzten 150 Kilometer durch öde, von Müll und Baracken durchzogene Wüste. So schlimm wie hier, empfanden wir die Armut und Trostlosigkeit noch nie. Wir fragen uns, wie man so leben kann. Der Verkehr wird immer dichter, die Straßen von den Einheimischen gerne spontan um ein oder zwei Streifen erweitert und wir haben alle Hände voll zu tun. Die letzten Kilometer fahren wir entspannt auf einer komfortablen Schnellstraße mitten durch Lima. Kurz vor dem Hotel stoppt uns ein Motorradpolizist. Diese schöne Straße ist leider für Motos gesperrt und er muss uns nun einen Strafzettel ausstellen. Andre mimt den freundlichen Touristen, der kein Spanisch versteht und völlig ahnungslos diese Route genommen hat. Nach Rücksprache mit seinem Chef, lässt uns der Polizist mit einer Belehrung von dannen ziehen. So kommt man auch an sein Ziel. Unseres ist das Hotel B, eine ehemalige Sommerresidenzvilla, nur einen Block von der Promenade entfernt. Beim abendlichen Spaziergang durch das Viertel Barranco schlendern wir vorbei an alten Villen, über belebte Plätze, an der Promenade. Es gibt ein openair Jazzkonzert, einladende Restaurants und Kneipen und wir lassen uns von der fröhlichen Stimmung in den Straßen anstecken. Gut, dass wir hier sind.

31.08.2019 Lima

Lima und das Essen, das ist so eine Sache. Wohin geht man in der kulinarischen Hauptstadt Südamerikas? Maria war da ziemlich klar. Das Maido ist ihr Favorit, japanisch-peruanische Fusionsküche. Tischreservierung? Ja, vielleicht in 6 Monaten. Aber kein Problem für Maria, als ehemalige Küchenchefin ist sie mit der kulinarischen Hautevolee befreundet und ein Anruf genügt.

Wir freuen uns auf das Erlebnis und kommen mit entsprechenden Erwartungen im Maido an. Es ist 22 Uhr und das Restaurant brechend voll. Es ist laut, lebhaft und geschäftig, ganz japanisch eben. Die Mischung aus Japan und Peru beschert uns fantastische Gerichte und wir verstehen so langsam warum das hier ein Ding ist. Andre kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus, Karin ist die Atmosphäre zu hektisch und gibt einen Abzug in der B-Note.

01.09.2019 Lima

So langsam werden wir warm mit Lima. Zumindest in den beiden Vierteln Barranco und Miraflores lebt es sich prima. Eine schöne Mischung aus Kunst, Kultur und Kulinarik.

Heute wagen wir uns in das Zentrum vor. Unser LonelyPlanet empfiehlt einen Spaziergang durch den historischen Kern Limas. Nach ausgedehntem Frühstück, erkunden wir die Plaza de Armas und den Präsidentenpalast. Pünktlich zu unserer Ankunft findet der Wachwechsel statt. Man kennt das ja, Paradesoldaten, die mit merkwürdigem Gebaren und stoischem Blick sich irgendwie staksig auf und ab bewegen. Aber nicht in Lima. Hier spielt die Kapelle El Cóndor Pasa und die Paradesoldaten führen eine Art Synchrontanz dazu auf. Die Leute freuts, uns auch.

Wir schlendern weiter, besuchen ein beeindruckendes Franziskanerkloster und stöbern in Märkten und Läden, wie es sie bei uns schon lange nicht mehr gibt. Folkloristische Tanzgruppen und die unzählige Kirchen fehlen auch in Lima nicht. Zum Essen hat unser schlauer Führer einen Tipp: das Mercado serviert die beste Ceviche der Stadt. Also, nichts wie hin. Und wir werden nicht enttäuscht. Hier stimmt alles. Das Essen, das Bier und die Markthallenatmosphäre. Und bei der Ceviche kommen uns tatsächlich die Tränen, so gut ist die.

02.09.2019 Lima

Heute stehen nur zwei Dinge auf unserem Programm. Das Museum Larco und das Central Restaurante.

Das Museum Larco zeigt die präkolumbianische Geschichte Perus und zählt zu den 25 besten Museen Welt. Es ist in einer Hazienda aus dem 18. Jahrhundert untergebracht. Wir sind etwas skeptisch. Auf unserem Weg hatten wir bisher recht zweifelhafte Erlebnisse mit Museen. Das Larco allerdings überzeugt, wir verbringen über einen halben Tag in der liebevoll präsentierten Ausstellung. Faszinierend ist vor allem, dass nicht die Inka die prägende Kultur war, sondern die Moche. Die sind uns bereits in Trujillo begegnet und so rundet der Besuch des Museums Larco die Geschichte für uns ab.

So, jetzt aber Schluss mit dem Geschwafel von Museen und Zeugs. Auf gehts in das beste Restaurant Südamerikas. Wir sind aufgeregt. Das Central erlangte Berühmtheit mit dem Konzept das Menü entsprechend der Höhe zu servieren. Man beginnt unterhalb des Meeresspiegels mit Muscheln und steigt bis auf 3.600m in das Reich der Knollen. Peru gilt schließlich als Geburtsland der Kartoffel. Die Gerichte sind perfekt, eröffnen uns ganz neue Geschmackswelten. Wir fühlen uns 5 Stunden lang wie in einem sensorischen Schleudergang. Ein unvergessliches Erlebnis.

03.09.2019 Lima 

Wir können zwar noch vom Besuch im Kunstmuseum schreiben und der Taverne Isolina, die hervorragende peruanische Hausmannskost zubereitet, aber ganz ehrlich: die Luft ist raus. Lima hat uns umgehauen.