La Paz

25.09.2019 Copacabana – La Paz

Es ist schwierig etwas Gutes über La Paz in Erfahrung zu bringen. Reiseberichte, LonelyPlanet oder zufällig in Copacabana getroffene Bolivianer, niemand möchte so recht einen Besuch in La Paz empfehlen. Zu dreckig, zu gefährlich und überhaupt der Verkehr.

Andre will aber mit der Gondel fahren. Und oft hatten wir schon ganz andere Erfahrungen gemacht, als was vorhergesagt wurde. Also machen wir uns auf den Weg. Als Erstes überqueren wir den Titicacasee mit einer Fähre. So zumindest die Info im Navi. Vor Ort ist die Fähre dann eher ein Floß. Es hat ein paar Wellen und neben dem Smalltalk mit den Indigenas sind wir damit beschäftigt, die Motorräder festzuhalten, damit sie nicht ins Wasser fallen. Manchmal weiß man nicht was einen mehr belastet: die Sorglosigkeit mit der hier alles vonstatten geht oder unser Sicherheitsbedürfnis, das scheinbar keine Grenzen kennt. Egal, wir sind drüben und weiter gehts.

Wie es scheint, wollen die Bolivianer die Landstraße zwischen dem Fährhafen und La Paz auf vier Spuren erweitern. Und zwar in dem sie links und rechts je eine Spur anbauen. Wer ein Problem mit unseren Autobahnbaustellen hat, der sollte mal hier unterwegs sein. Wir fahren im Zickzack um Baugruben, Schlaglöcher, Arbeiter und Absperrungen in Form von großen Steinen herum. Ob hier jemals eine vierspurige Straße entsteht bezweifeln wir, aber es ist uns sowieso schleierhaft wer hier fahren soll. Wir sind nahezu alleine unterwegs.

In La Paz wohnen wir bei David. Er vermietet Zimmer in seinem Haus in El Alto, sehr einfach, aber sehr nett. Von hier aus sind es nur zwei Blocks bis zur Gondelstation, die uns in sechs Minuten ins Zentrum runter bringt. Größer könnte der Kontrast nicht sein. Diese topmoderne Anlage mitten in einer Stadt, die im Chaos zu ersticken droht. Die Blindenwege rund um die Station enden im Geröllfeld, kuppelbare 10er Gondeln rasen mit atemberaubender Geschwindigkeit über Wellblechhütten.

Unten angekommen eilen wir zum Restaurant Popular, einer Empfehlung. Leider kommen wir zu spät und bekommen keinen Tisch mehr. Wir schauen uns den Hexenmarkt an, wo ausser den typischen Touristensouvenirs auch mumifizierte Lamas feilgeboten werden. Hängt man die sich ins Wohnzimmer oder was?

Faszinierend ist der Verkehr, zumindest solange man nicht Teil davon ist. Auf den extrem steilen Straßen geht es in der kompletten Innenstadt keinen Meter vorwärts. Wir sind froh oben in El Alto zu wohnen, denn selbst dem Krankenwagen nützt sein Martinshorn nichts, er steht genau wie alle anderen still. Langsam beschleicht uns das Gefühl, die Vorhersagen könnten dieses mal stimmen. Es gibt wenig Schönes hier. Vermutlich haben die Pazeños ihre Ecken und Geheimtips, aber für den gewöhnlichen Tourist ist es hier schwierig. Die Armut, die Verzweiflung schlägt uns aufs Gemüt und im Vergleich zu La Paz ist Stuttgart ein Luftkurort.

Wir finden ein nettes Café in einem Buchladen, vermutlich eine der wenigen Oasen in der Stadt und fahren mit der Gondel durch die Nacht wieder nach oben. Den kurzen Versuch noch ein Abendessen zu finden, brechen wir ab und gehen ins Bett.

Unser Fazit? Wir haben uns nie bedroht oder unwohl gefühlt. Und ja, wir würden wieder hinfahren. La Paz gehört zu Bolivien und man sollte es gesehen haben, um das Land zu verstehen.