Cuzco

16.09.2019 Ollantaytambo – Cuzco

Schweren Herzens brechen wir unsere Zelte im Heiligen Tal ab und fahren nach Cuzco. Aber wir freuen uns jetzt auch auf was Neues. Zudem haben wir uns in dem perfekten Motorradstützpunkt eingebucht. Zentral in der Altstadt gelegen mit einem Parkplatz im Innenhof.

Ein letztes mal genießen wir die schöne Landschaft des Heiligen Tals. Allerdings nicht lange, denn nach 50 Kilometern sind wir bereits da. Cuzco verspricht als ehemalige Hauptstadt des Inkareiches viel und unser erster Eindruck bestätigt das auch. Es ist nicht “noch eine koloniale Altstadt”, es ist anders. Opulente Kirchen, großzügige Plätze, aufwendig gefertigte Balkone, man spürt, dass es hier um große Gesten ging. Sowohl von Seiten der Inka, als auch der spanischen Eroberer.

Unsere Freude über die schöne Stadt findet allerdings ein jähes Ende als wir unser Zimmer in Augenschein nehmen. Es ist eher eine Zelle. Eine fensterlose. Wir wollen nicht meckern, ziehen uns um und machen uns auf zu einem ersten Stadtrundgang. Dieser besteht aus dem toll gemachten Machu Picchu Museum, dem etwas abgefahrenen – da in einem Betonbunker untergebrachten – Museum Qorikancha und einem passablen Abendessen auf einer Dachterrasse mit Blick über die Stadt.

17.09.2019 Cuzco

Um 4 Uhr ist die Nacht zu Ende. Unsere Nachbarn nehmen offensichtlich den ersten Zug zum Machu Picchu. Das geschieht in Begleitung eines TV Nachrichtensenders in Diskolautstärke. Auch sonst besteht keine Scheu. Nach der Morgentoilette vergewissert man sich mit lautem Geschrei, ob alles eingepackt ist und zu guter Letzt brüllt er noch über den Flur “tienes la llave?”. Hast Du den Schlüssel? Dann fliegt die Türe ins Schloss und es herrscht Ruhe. Für 10 Minuten. Haben wir schon erwähnt, dass wir direkt neben dem Frühstücksraum schlafen? Nein? Um Punkt 7 erscheint eine Schulklasse von etwa 30 Teenagern zum Frühstück und wir geben auf.

Das Frühstück passt zur Unterkunft und wir ergreifen die Flucht auf den Berg, um die Festung Saqsaywaman zu besichtigen. Diese war eine heilige Inka Stätte und wurde von den spanischen Eroberern nahezu zerstört, um aus den Steinen Herrenhäuser und Kirchen zu bauen. Überhaupt wenn ich gerade schon schlecht gelaunt bin, dann passt das ganz gut: die Spanier und die katholische Kirche. Also, wer glaubt, dass mit der Hexenverbrennung und den Kreuzzügen das Schwarzbuch der Katholiken bereits voll ist, der hat einen kompletten Kontinent vergessen. Was die hier veranstaltet haben ist das Allerletzte. Die heiligen Stätten der Inkas wurden geplündert, die Eliten ermordet, die Kinder umerzogen, das volle Programm.

In Cuzco begegnen wir dieser Geschichte auf Schritt und Tritt. Auf den Resten des Sonnentempels steht eine Kathedrale. Die Inkaumauern wurden geschliffen und darauf koloniale Prachtbauten errichtet. Gut, man kann sagen, dass die Inkas eben unterlegen waren, aber unser Eindruck ist, dass diese Kultur deutlich nachhaltiger, naturverbundener und menschlicher war, als unser westliches Weltbild.

18.09.2019 Cuzco

So, neuer Tag, neues Glück. Das gilt leider nicht für die Nacht. Dieses Mal nehmen zwei Paare den ersten Zug zum Machu Picchu, mit den Abschiedsworten “Tienes la llave?”, und dann eine Schulklasse zum Frühstück. Damit wir trotzdem einen guten Start in den Tag haben, gehen wir in ein nettes Kaffee frühstücken. Das macht sich bezahlt, die Stimmung steigt und wir erkunden die kleinen Gassen in San Blas. Überall gibt es Alpaka in jeglicher Form. Pullis, Socken, Schals, Ponchos. Die Stadt lebt von Touristen.

Wir besichtigen Santo Domingo, das Kloster, das auf den Mauern des Inka Tempels Qorikancha errichtet wurde. Wir mögen Klöster. Aber es wäre uns lieber, wir würden nicht auf den Überresten der Inkas Kruzifixe der Franziskaner anschauen. Hab ich ja schon geschrieben.

Versöhnlich ist das Essen, wir bekommen im Chicha, einem Restaurant von Gaston Acurio, ausgezeichnetes Llama Ragout.

19.09.2019 Cuzco

Der Tag beginnt bzw. die Nacht endet: jap, genau, mit peruanischem TV Nachrichtensprecher um 4 Uhr und Schulklasse. Einatmen. Ausatmen. Tienes la llave? Dieser Satz ist seitdem ein Running Gag auf der Reise.

Nicht, dass Cuzco jetzt falsch rüberkommt. Die Stadt ist beeindruckend. Aber eben auch sehr touristisch und wir haben genug gesehen. Daher kümmern wir uns um Karins Motorrad, das hat eine Kette. Und die muss man ab und zu spannen. Also zieht Andre los und sucht einen 34(!) Schlüssel. Das macht Spaß, denn so kommen wir in ein anderes Cuzco. Eines mit Metallwaren- und Tante Emma Läden. Wir laufen durch eine Straße voller Devotionaliengeschäften und bestaunen auf einem Markt die unzähligen Maissorten.

Nach der Motorradpflege unterhalten wir uns noch etwas mit Jesse, der seine Ducati in 10 Wochen von Portland nach Cuzco gejagt hat. Eigentlich wollte er in der Zeit bis Ushuaia fahren, aber jetzt muss er heim, da er am 01.10. einen neuen Job anfängt. Sachen gibts.

Vor der letzten Nacht in unserer Folterkammer gönnen wir uns nochmal ein feines Abendessen im Cicciolina und beenden das Kapitel Cuzco.