Cartagena

28.06 – 2.07.2019

Cartagena war schon früh ein verheißungsvolles Ziel auf unserer Reise. Wunderschöne koloniale Altstadt mit traumhaften karibischen Stränden ringsum verspricht der Reiseführer. Doch je weiter wir uns der Hafenstadt in Kolumbien nähern, um so mehr kritische Stimmen hören wir. Viel zu touristisch, unerträgliche Hitze und die Strände überlaufen und dreckig. Als wir am Morgen die Stahlratte verlassen und uns mit den anderen Motorradfahrer auf die Suche nach der Zollbehörde machen, um unsere Motorräder legalisieren zu lassen, sind unsere Erwartungen ziemlich weit unten angesiedelt.

Um die Altstadt herum hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Moloch mit einer Million Einwohnern gebildet. Entsprechend hitzig ist auch der Verkehr. Dreimal so viele Mopedfahrer wie Autos sausen kreuz und quer, Taxis und Busse hupen sich gegenseitig aus dem Weg und fette Pickups nehmen sich die Vorfahrt. Ganz normaler südamerikanischer Verkehr eben. Wir ignorieren sämtliche Schilder und passen uns an. Nur das Navi hat mal wieder Schwierigkeiten das richtige Ziel zu finden. Nach der dritten Runde schafft es Fink, unser mexikanischer Perrodadores, sich zur korrekten Adresse durchzufragen und wir parken schweißgebadet, aber erleichtert vor einem Militärposten. Im klimatisierten Gebäude erledigen wir den Papierkram, der Dank Ludwigs Vorarbeit schnell abgewickelt ist.

Eigentlich wollten wir uns ein Hotel in der Altstadt suchen, aber dieses Vorhaben geben wir rasch auf. Motorräder sind innerhalb der Stadtmauer verboten, es gibt kaum Parkmöglichkeiten und die Hitze bringt uns in den Motorradklamotten fast um. Wir quartieren uns für vier Nächte in einem Hostel außerhalb der Altstadt ein. Hier parken unsere Motorräder im Vorgarten, wir wohnen unter Einheimischen und wir müssen uns noch nicht von Casey, Michael und Fink mit seinen beiden Hunden Nouba und Cosa trennen. Die haben das Hostel über iOverlander gefunden und sind auch hier abgestiegen. Wir sind zwar alle grundverschieden, aber die Leidenschaft fürs Motorradfahren, das Reisen und die Suche nach einem neuen Satz Reifen vereint uns.

Hunde sind im Hostel leider nicht erlaubt, aber davor. Deshalb verbringt Fink eine kurze Nacht auf der Terrasse in einer Hängematte. Das ist absurd, denn die beiden sind so entspannt und lässig. Egal ob auf dem Segelschiff, im Kajak oder auf dem Motorrad. Da ist jeder Backpacker in Partylaune schlimmer. Aber es hilft nichts. Am nächsten Tag heißt es Abschied nehmen. Die fünf ziehen in ein anderes Hotel und wir machen uns auf zur Stadtbesichtigung.

Die Kolonialzeit ist seit Kalifornien ein ständiger Begleiter. Cartagena war während der spanischen Herrschaft der einzige Hafen, um das erbeutete Gold nach Europa zu verschiffen. Entsprechend wurden Begehrlichkeiten geweckt und die Stadt regelmäßig von Piraten überfallen und belagert. Das brachte Cartagena die heute noch intakte Stadtmauer und eine imposanten Festung ein. Dahinter hat sich eine pittoreske Altstadt erhalten, wie wir sie bis jetzt nirgends gesehen haben. Wir schlendern durch die schmalen Gassen und bewundern die bezaubernden, von Bougainvilleen umrankten Häuser.

Am nächsten Morgen wollen wir unser Touristenprogramm fortsetzen, werden aber von den Besuchermassen auf der Festung San Felipe abgeschreckt. Richtig, es ist ja Sonntag! Da kann man schon mal durcheinander kommen. Also streifen wir einfach durch das ehemalige Arbeiterviertel Getsemaní, das sich immer mehr zum hippen Trendviertel für Künstler und Backpacker entwickelt. Hier findet das Leben auf der Straße statt, mit viel Musik und Baseball.

Den letzten Tag in Cartagena nutzen wir um die Festung San Felipe zu erklimmen. Bei den Temperaturen eine echte Herausforderung. Hoch oben finden wir ein schattiges Plätzchen mit Zugluft und fragen uns wie qualvoll die Errichtung der massiven Festung unter diesen Bedingungen für die dafür eingesetzten Sklaven sein musste. Jetzt brauchen wir was zur Stärkung. Ein typisch kolumbianisches Menü mit Fischsuppe, Bohnenreis, Gemüse, Fisch und Patacones ist genau das richtige.

Wie in jeder Touristenstadt, werden wir auch hier von Straßenhändlern umringt, sobald wir das Tor zur Altstadt passieren. Das gehört für uns schon zum Programm und macht die Orte umso lebendiger. Was für uns hübsch anzuschauen ist, ist für die Menschen hier jedoch existenziell. Eine Besonderheit in Cartagena sind die schönen Frauen in ihren bunten karibischen Kleidern. Für ein paar Pesos posieren sie für ein Foto. Nach zwei Tagen erwischen sie auch Karin.

Ja, Cartagena ist touristisch und die tropische Hitze ist mörderisch, aber mit ihren verwinkelten Gassen und bunten Häusern ist die Stadt einzigartig schön und absolut lohnenswert. Nach einer Woche zu Wasser und zu Fuß, zieht es uns wieder auf die Straße. Am nächsten Morgen brechen wir in Richtung Medellín auf, das in den Bergen liegt und milderes Klima verspricht.