Guatemala

06.06.2019 San Cristóbal – Huehuetenango

Heute beginnt unser nächstes Abenteuer: Zentralamerika. 130 km nach San Cristóbal erreichen wir die Grenze zu Guatemala. Wir wurden gewarnt, wir haben gelesen und gegoogelt, wir sind gerüstet mit Kopien aller erdenklicher Dokumente, aber was nun folgt ist ein Spektakel, das man nur mit viel Gleichmut übersteht. Man wird sozusagen zwangsweise mit der lateinamerikanischen Gelassenheit geimpft. Es hat sage und schreibe zweieinhalb Stunden gedauert, bis wir alle Stempel und Kontrollzettel und Stempel auf den Kontrollzetteln und TIP (Temporary Import Permission) und Stempel auf dem TIP hatten. Glaubt ja nicht, man kann an dem Typ im verschwitzten T-Shirt auf dem Plastikstuhl vorbeifahren. Neeeein, der lässt nur Ausländer mit Kontrollzettel durch, natürlich mit Stempel drauf.

Aber dennoch, wir sind gespannt auf Guatemala. Der erste Eindruck zählt nicht, denn rund um Grenzen ist es meistens etwas schmuddelig und ärmer. Aber irgendwie hört das hier nicht auf. Wir fahren schon fast 50 Kilometer und noch immer stehen Wellblechhütten am Straßenrand und wir sehen Kinder, die entweder was verkaufen oder im Dreck spielen. Bis plötzlich nichts mehr geht. Stau! Und eines muss man festhalten, wir hatten auf der Reise, außer in LA, noch nie einen Stau.

Macht ja nichts, wir sind mit dem Motorrad unterwegs und da fährt man am Stau vorbei. Was dann kommt, ist weniger erfreulich. Ein Erdrutsch hat die Straße mit Geröll und Schlamm überflutet. Wir kämpfen uns also bei knapp 40 Grad durch einen halben Meter stinkenden Dreck. Karin bucht lieber den Valet Service und lässt Andre da durchfahren, nicht dass dem angeschlagenen Knöchel noch mehr passiert.

Nach einer Intensivreinigung für die Motorräder und uns, verbringen die Nacht wir in einem netten stop-over Hotel im wenig attraktiven Huehuetenango, was wir nicht mal aussprechen können.

 07.06.2019 Huehuetenango – Lake Atitlán

Am nächsten Morgen lernen wir, dass in Guatemala die Tortillas nicht gepresst werden wie in Mexiko, sondern von Hand platt geklopft. Und es gibt erstmals Platanos zum Frühstück, gebackene Bananen. Gut gestärkt fahren wir über eine wunderschöne Hochebene zwischen zwei- und dreitausend Meter unserem Tagesziel entgegen, dem Lake Atitlán.

Dort haben wir uns in Panajachel einquartiert und bleiben gleich zwei Tage. Viel sehen können wir von den drei Vulkanen leider nicht, aber dafür finden wir am selben Abend noch einen patenten Schlosser, der Karins Kofferaufhängung wieder zusammenschweißt. Den Rest des Tages und den nächsten Vormittag verbringen wir im grünen Innenhof unseres Hotels und schreiben an unserem Blog. Nachmittags schlendern wir dann an der Uferpromenade entlang, genießen doch ein paar Blicke auf die Vulkane, bestaunen den Trubel der indigenen Verkäuferinnen und gehen japanisch essen. Ja richtig, japanisch. Andre hat das gelesen und war spontan überzeugt. Und tatsächlich, wir genossen mitten in Guatemala in einem japanischen Garten hervorragende japanische Küche. Verrückt.

09.06.2019 Lake Atitlán – Antigua Guatemala

Mit einem herrlichen Panorama in der Morgensonne brechen wir in Richtung Antigua auf. Die einzigen Wolken, die den Blick trüben, sind die Abgase der alten amerikanischen Schulbusse, die hier haufenweise rumfahren. Die haben es sogar als nationales Problem in den Reiseführer geschafft. Und tatsächlich, während wir über Start-Stop-Automatik nachdenken, blasen hier alte ausrangierte LKWs, Schulbusse, Transporter und Pickups Abgase in die Luft, dass einem manchmal das Atmen schwerfällt. Mitten in einer traumhaften Bergkulisse. Es ist einer der Momente, in denen man realisiert wie ungleich es auf dieser Welt zugeht. Es sind immerhin unsere alten Fahrzeuge. Und da sie nicht mehr in Europa rumfahren, ist das Problem für uns gelöst.

Bei der kommenden Strecke vergessen wir allerdings recht schnell das Sinnieren. Wir kurven mit einer Gruppe BMW Fahrern aus El Salvador auf dem Highway nach Antigua um die Wette und versuchen dabei keines der badewannengroßen Schlaglöcher zu treffen.

In Antigua kommen wir bei Carlos unter, der uns erstmal darüber aufklärt, dass wir eigentlich in Guatemala bleiben sollten, denn die nächsten Länder … auweia, das sind schon richtig gefährliche Pflaster. Er selbst würde ja gerne mal nach Mexiko reisen, aber das ist ihm viel zu gefährlich. Diese Einstellung ist ein ständiger Begleiter auf unserer Reise. Während es im eigenen Land schön und sicher ist, werden wir dringend davor gewarnt in die Nachbarstaaten zu fahren.

Wir nicken höflich und schlendern durch die schöne Stadt, die ganz ähnlich wie San Cristóbal durch ihre Kolonialarchitektur besticht. Immerhin war Antigua mal die Hauptstadt ganz Zentralamerikas und aus der Zeit stammen noch einige antike Reste von Klöstern, Kirchen und einem Palast. Die hatten es angesichts der seismischen Aktivitäten nicht leicht hier, daher bestaunen wir nur noch die Überreste.

Gut, dass wir mit dem Motorrad unterwegs sind, denn in unserem VW Bus würden sich mittlerweile die handgewebten Stoffe stapeln, denen man kaum widerstehen kann und die für viele hier die einzige Einnahmequelle sind.

Guatemala wird uns als Land mit den schlechtesten Straßen und üblen Abgasen in Erinnerung bleiben, das aber gesegnet ist mit einer traumhaften Landschaft aus Vulkanen, Seen, viel Grün und mit Menschen, die mit einer beneidenswerten Fröhlichkeit das Beste daraus machen.